Profifußball – Die Heuchelei mit der Tradition

Jetzt am Wochenende ist ein vermeintlicher Traditionsklub in die 3. Liga aufgestiegen. Aber welche Tradition ist aufgestiegen? Die Tradition des ersten Kommerzklubs, der Anfang der 1950er-Jahre sich mit den Sponsoren des sogenannten „Preußen-Ring“ einen 100.000 DM-Sturm zusammen kaufte? Oder die Tradition, der erste Absteiger aus der Bundesliga gewesen zu sein?

Um welche Tradition handelt es sich dabei eigentlich, die sich solche „Traditionalisten“ im Fußball zu eigen machen? Hier muss man eigentlich unterscheiden, zwischen einer Form von Tradition, die sich auf das Spiel selbst in seiner sportlichen und regeltechnischen Weiterentwicklung bezieht und der Tradition, die die Werte beschreiben soll, die die für sich reklamieren, die den Sport als Selbstzweck betrachten. Die mit dem Fußball assoziierte Tradition ist in ihrer jeweiligen Gegenwart eigentlich eine konstruierte, aber in eine bestimmte Vergangenheit zurückprojizierte Tradition, die als historische Fiktion dazu dienen soll, bestimmte Normen und Strukturen gegenüber einem gegenwärtigen Wandlungsdruck gesellschaftlich zu legitimieren und zu festigen.

Die konstruierte oder erfundene Tradition ist allgegenwärtig und tritt als spezifische Erscheinung auf, wo Zeiten beschleunigten, umfassenden und tiefgreifenden Wandel vermutet werden. So etwa in der differenzierten ökonomischen Sicht von verschiedenen Gruppen auf die Fußballklubs im Profifußball. Und ich sehe genau in der Auslegung der „Liebe zum Verein“ und den für mich als reine „Brauchtumspflege“ in direkter Verbindung stehenden Begriff „Tradition“ genau die Fehlentwicklung, wie sie sich bereits über Jahrzehnte bei den meisten aktuellen und ehemaligen Profifußballteams, und so auch explizit bei Hannover 96 darstellt.

Niemand hat offensichtlich wahrgenommen das Tradition keine Authentizität entwickelt. Was aber begründet bei einem Fußballklub die Tradition? Das Gründungsdatum? Könnte ein Kriterium sein, denn das ist kein konstruiertes Merkmal. Aber ist das dann ein Qualitätsmerkmal? Vielleicht, je älter, desto mehr Tradition? Welchen Einfluss und welche Erfolgsfaktoren also soll eine Rückprojektion in die Vergangenheit haben?

Keinen!

Profifußball ist keine Brauchtumspflege. In der Brauchtumspflege steht Tradition für übernommene, immer wiederkehrende Events. Also, wäre im Fußball immer wiederkehrender Erfolg die Tradition? Oder eben, immer wiederkehrender Misserfolg?

Und die, die Tradition ganz Hardcore verstehen, die meinen sogar, es sind die Werte! Werte und Profifußball, wie etwa Vereinstreue der Protagonisten oder gelebtes Vereinsleben? Oder sind damit „die monetären Werte“ der Stollenträger gemeint?

OK, mag jeder für sich sehen, wie er möchte, ist auch i.O. so. Trotzdem steckt für mich hinter dem Begriff Tradition im Profifußball mehr Heuchelei als aufrichtiges Bekenntnis.

Und u.a. solche Themen behandelt auch die Retro-Show „ALS FUSSBALL NOCH ROCK’N’ROLL WAR“ reflektierend über 6 Jahrzehnte. Zurzeit ist die 1. Staffel am Start mit den 1960ern und 1970ern. Vielleicht einfach mal reinhören. Jeden Donnerstag eine neue Episode mit eigenem Soundtrack.

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