Ballermann-Feeling und Rudel-Sirtaki – Schützenfest Hannover

Das Schützenfest Hannover auf dem rund zehn Hektar großen Schützenplatz gilt als das größte Schützenfest der Welt (…welcher Marketingfuzzi das auch so gepusht hat…). Aber die  Tradition reicht ins 15. Jahrhundert zurück. Und ich besuche den Schützenausmarsch und das Schützenfest auch bereits seit über 55 Jahren (mit mehr oder weniger größeren Pausen).

Man darf durchaus davon sprechen, das dieser erste Sonntag im Juli (früher war es der Montag, und da wurde die Schule geschwätzt), ein Stück Brauchtumspflege ist. Und zwar von der Gestalt, die man nicht pflegt des Brauchtums wegen, sondern, die man braucht, um die Geselligkeit zu pflegen.

Bisher folgte das Schützenfest eben auch einer gewissen Tradition, auch wenn man nicht immer stringent an allen Regeln festhielt und das Fest durchaus auch moderat modernisierte.  Alles aber mehr oder weniger immer mitgetragen von der hannöverschen Bevölkerung.

Doch dieses Jahr, und zwar heute, ist vieles allerdings anders. Der Schützenausmarsch vielleicht noch durchaus in der Form, wie seit Jahrzehnten. Vorweg der „dunkelgrüne“ OB, wer immer das auch ist, den Namen kenne ich nicht, kenne nur Herbert Schmalstieg, der über 30 Jahre dabei war.

Aber auf dem Platz hat man mit vielen Traditionen gebrochen. Es gibt kein Hauptzelt mehr. Man stelle sich das Oktoberfest ohne Schottenhamel-Festhalle oder Hacker-Festzelt vor. Mit den Angeboten an geselligen Trinkeinrichtungen, insbesondere für das Traditionsgetränk „Lüttje Lage“ geht man nun ganz spärlich um. Seit Jahrzehnten bestehende Anlaufstellen gibt es auf einmal nicht mehr. Dafür ein paar Flächen mit Ballermannbespassung. Laute „Gassenhauer“ von der Playa in Dauerschleife. Unterhaltung nicht mehr möglich. Und das dann schon ab Mittag, also ganz authentisch.

Nun war es auch eigentlich immer so, dass traditionsgemäß die fast 80 bis 90 Musikkapellen des Ausmarsches dann auf den damals noch massenweise vorhandenen Gastroplätzen immer kleine Einlagen brachten. An unserem Platz versuchte dann eine solche Kapelle direkt gegen die Ballermann-Tenöre anzuspielen, mit dem „Niedersachsenlied“ und „Lustige Hannoveraner“. Keine Chance!

Hannover war einmal ein urbankulturelles Zentrum als „Swinging Hannover“. Lange her. Heute kann man Hannover, insbesondere unter der Ägide des grünen OB nur noch so sehen, wie es  Harald Schmidt beschrieb: „Hannover ist zwar nicht der Arsch der Welt, aber man kann ihn von da gut sehen“.

In der Podcast-Rteroshow „ALS FUSSBALL NOCH ROCK’N’NROLL WAR“ geht es auch in einigen Episoden darum, wie sich Hannover zur grauen Maus der Provinz zurück entwickelt hat.

Und hier geht es zu den bisherigen Episoden 1 bis 20: https://letscast.fm/sites/als-fussball-noch-rock-n-roll-war-15ff82dd/index